Chronik
Bei
der
Historie eines Schleppers werden meist nur die typischen Daten
wie Getriebefunktionen, Motor(en) und, sofern bekannt,
Bauzeitraum genannt. Das sind allerdings nur Eckdaten, da diese
an sich nur sehr wenig über den, bzw. hier eigentlich die,
Einachser selbst aussagen. Vermutlich deswegen, weil sie keine
"richtigen" Oldtimer sind, gibt es kaum jemand, der sich
wirklich mit den beiden beschäftigt. Dabei haben diese eine
recht interessante Geschichte. Das trifft zwar hauptsächlich auf
die Anfänge und die Motoren zu aber bei der Recherchearbeit ist
noch so manch anderes herausgekommen, was Ihr hier nun nachlesen
könnt.
Da von den beiden nicht so viele gebaut worden sind, fehlen mir
noch einige Stückzahlen (Baujahr / Fahrgestell-Nr.), vor allem
die (relativ) genaue Endstückzahl. Erschwerend kommt noch hinzu,
dass von 1976 bis 1979 kein Bj. eingestanzt wurde. Auch besitze
ich noch nicht alle Preislisten/Prospekte. Daher beziehen sich
manche Bereiche mehr auf Vermutungen, als direkten Fakt.
Seit den 70ern wurde es immer schwieriger, gute Absatzzahlen zu
erreichen, da sich der Markt langsam sättigte. Das merkte man
beim E6 nicht so sehr, der sich seit der Markteinführung 1959
immer noch gut verkaufen ließ. Aber die Technik entwickelte sich
in den letzten Jahren immer schneller weiter, so dass er nicht
mehr auf der Höhe der damaligen Zeit lag. Um dem guten Ruf
gerecht zu werden, musste einfach ein neues Modell her.
Besonderes seit der Ölkrise 1973, als der Kraftstoffpreis
ständig stieg, sollte es auch ein spritsparender Motor sein. Um
sich also auf dem hart umkämpften Schleppermarkt behaupten zu
können, musste der neue Einachser einfach zu bedienen,
wirtschaftlich und robust sein. Eben die von den Kunden so
geschätzte "Holder-Qualität".
Da der E6 gut durchdacht war und sich überall bewährte, wurde
von der Konstruktion eines komplett neuen Typs abgesehen und der
E6 stattdessen "modernisiert". Vor allem konnten dadurch dessen
Anbaugeräte gleich weiter verwendet werden, was ebenfalls
anfallende Entwicklungskosten einsparte.
So entstand im Herbst 1974 der E7, mit einem 6 PS 4-Takt
Benzinmotor von Intermotor (Lizenz Lombardini),Typ LA 300.
Man beließ es aber nicht nur bei einem Nachfolger. Denn seit der
Produktionseinstellung des E8, um 1971, stand Holder ohne einen
Mittelklasse-Einachser da. Da dessen Verkaufszahlen nicht
wirklich zufriedenstellend waren, versuchte man etwas neues.
Statt einen entsprechend großen Einachser, "passend" zur
Leistung, zu entwickeln, flanschte man einfach einen stärkeren
Motor an das Getriebe des E7. Somit hatte man einen kleinen,
handlichen aber sehr starken Einachser.
Daher entstand so gleichzeitig der E9, allerdings wieder mit
einem 2-Takt Benzinmotor von Fichtel & Sachs, Typ ST 203,
mit 8,5 PS.
Komplett identisch sind die Getriebe des E7 und E9 allerdings
nicht. Denn es musste die Untersetzung geändert werden, da der
Sachs seine höchste Leistung erst bei 4.500 U/min erreicht, der
Intermotor dagegen bei angenehmeren 3.600 U/min. Nur so konnte
man bei den knapp 20 km/h bleiben, die im serienmäßigen
Schnellgang erreicht werden. Das Leergewicht war auch um ca. 40
kg erhöht worden, um so eine bessere Traktion ohne zusätzliche
Gewichte zu erreichen. Dieses kommt hauptsächlich durch das
allgemein verstärkte Getriebe zustande, um die größeren Kräfte
auszuhalten. Die nach UVV (Unfall-Verhütungs-Vorschriften)
Bestimmungen geforderte Zapfwellensperre kam neu hinzu, sowie
ein Not-Stopp Schalter am Lenkholm. Somit kann nun, bei
eingeschalteter Zapfwelle, nicht in den Rückwärtsgang geschaltet
oder im Rückwärtsgang die Zapfwelle nicht einschaltet werden.
Dabei ist der Holm zur Anhängerfahrt geschwenkt. Liegt dieser
über dem Motor, kann die Zapfwelle dagegen benutzt werden, z.B.
für einen Kehrbesen.
Mit vier Vor- und drei Rückwärtsgängen, zwei motorabhängigen
Zapfwellendrehzahlen, Fahrbremse und Einzelradlenkung,
entsprechen sie technisch weiterhin dem E6. Beide sind zeitgemäß
in den Kommunalfarben orange-elfenbein lackiert. Auffallend ist
die große, dreiteilige Motorhaube. Dadurch entsteht eine etwas
ungewöhnlichen Optik aber sie dient dem Motorschutz und hat
zusätzlich noch die Funktion als eine Art Frontgewicht.
Schließlich wiegt allein schon der Schutzbügel knapp 10 kg. Die
Schwenkung des Hauptholmes um 180°, durch umlegen eines einzigen
Hebels, ist nun sehr bediener- freundlich gestaltet. Lediglich
der neue Schaltschema-Aufkleber verwirrt auf den ersten Blick.
Der E7 und E9 ist allerdings vom Konzept her kein reiner
"Ackerschlepper" mehr, was nicht nur die neue Kommunal-
Lackierung verdeutlicht. Wobei zu dieser Zeit auch die anderen
neuen Maschinen in dieser Farbkombination ausgeliefert wurden,
ebenso bereits produzierte, wie z.B. der M7. Die beiden wurden
nun auch nicht mehr einzeln angeboten, sondern in das
Produkt-Programm "Kommunal- Industrieschlepper und Motorgeräte"
(um nur mal ein Beispiel zu nennen, da es mehrere gibt)
integriert. Neben den üblichen Einsatzgebieten wie z.B. Wein-,
Obst- und Gartenbau, wurden diese natürlich auch extra für
Kommunal- und Industriebetriebe angeboten und dabei speziell auf
das Wintergeräteprogramm, welches vier Anbaugeräte umfasst,
hingewiesen.
Da die Anbaugeräte quasi 1:1 weiterverwendet wurden, ist hier
lediglich die orange Lackierung neu. Weitere Geräte kamen kaum
welche dazu, schließlich war der Umfang schon sehr groß. Daher
versuchte man eher die schon vorhandenen zu verbessern. Das kann
man u.a. bei der Fräse sehen. Anfangs wurde diese noch in der
E6-Ausführung geliefert, gegen Ende der 70er kam dann eine neue
(vermutlich aus Italien), eckige Version, heraus. Das Besondere
an diesem neuen Typ ist, dass man die Fräshaube in drei Teile
demontieren und in unterschiedlichen Breiten zusammensetzen
kann. So musste nur ein Haubensatz bestellt werden, der dann
fast beliebig verbreitert oder verkürzt werden kann. Holder
stellte daher auch entsprechende Umrüstsätze zur Verfügung. Nur
die Tiefenverstellung der Haube war nicht direkt neu, sondern
wurde vom E8 übernommen. Damit aber nicht genug, gab es noch ein
Zwischengetriebe dazu, welches ein angenehmes fräsen bei
großer Bereifung bietet und auch die 4-Takter geschont werden.
Später war dieses standardmäßig an der Fräse vorhanden.
Holder versuchte die neuen Einachser so gut es ging individuell
auszurüsten, um sie den unterschiedlichsten Situationen
anzupassen. So konnten die Kunden teilweise etwa bis zu fünf
verschiedene Reifengrößen wählen. Darunter auch die 6-9 AS
Bereifung mit Klappgreifern. Ebenso war man bei den
Frontgewichten variabel. Neben einem 15 kg Frontgewicht, waren
auch drei Gewichtsscheiben á 10 kg möglich. Diese waren aber
eher aus der Notwendigkeit gekommen, da ersteres Gewicht nicht
an die später hinzugekommene Dieselversion montiert werden kann.
1974 kostete der E7 3.380,- DM (1.690,- €) und der E9 3.620 DM
(1.810,- €). Interessant ist dabei, dass der E6 für eine kurze
Zeit mit den beiden zusammen gebaut wurde. Als Auslaufmodell war
er mit 3.202,- DM (1.610,- €) natürlich etwas billiger. Daher
verließen bis Ende 1975 vom E7 gerade mal ca. 100 Stück die
Werkshallen, während es beim E9 schon ca. 1.000 Stück waren.
Der spritsparendere (und umweltfreundlichere) 4-Takt Motor im E7
macht Sinn, warum sich Holder aber beim E9 für den hochtourigen
Sachs entschied, wird wohl nicht geklärt werden können.
Vermutlich war er der einzigste verfügbare mit sehr guten
Konditionen, schließlich bediente man sich schon seit ein paar
Jahrzehnten bei F&S.
Da aber der ST 203 schon kurze Zeit später bei F&S aus dem
Programm genommen wurde, entschied man sich bei Holder für den
stärkeren ST 251. Für die volle Leistung musste er zwar immer
noch bei 4.500 U/min gehalten werden, gab dafür aber echte 9 PS
an das Getriebe ab.
Da die Wirtschaftlichkeit dadurch nicht wirklich gegeben war,
konnte ab 1977 für den E9 ein Lombardini 530 4-Takt Diesel
bestellt werden. Dieser hatte allerdings den typischen Nachteil,
dass er um einiges teurer war. Im Schnitt rund ca. 1.300 DM (650
€). Die Dieselversion wurde (als einzigste) unter der
gesonderten Bezeichnung "E9D" verkauft.
Etwa ein Jahr später kam ein weiterer Italiener dazu. Dabei
handelt es sich um einen Intermotor IM 350 (Lizenz Lombardini)
4-Takt Benziner. Neben der fehlenden 2-Takt Abgasfahne und dem
geringeren Benzinverbrauch, war er sogar etwas billiger als der
F&S. Aber schon 1984 wurde der Intermotor wieder aus dem
Programm genommen. Warum, ist nicht ganz klar. Entweder ist
dessen Produktion bei Intermotor/Lombardini eingestellt worden
oder er wurde zu wenig nachgefragt. Denn ein E9 mit diesem Motor
ist sehr selten. Aber auch der Diesel war nicht allzu beliebt,
obwohl er noch vermutlich bis Produktionseinstellung verfügbar
war. Warscheinlich war er, im Gegensatz zu den 60er Jahren, in
dieser Zeit nicht mehr lohnend und man griff gleich zu einem
größeren Gerät. Schließlich ist der E9 im Vergleich zur Leistung
recht "leicht".
Zum LA 300 ist noch zu erwähnen, dass dieser ab 1976 nun mit 7
PS verfügbar war.
Änderungen gab es im Laufe der Zeit kaum welche. Diese betreffen
mehr die Motoren, wie oben erläutert. Abgesehen davon, wurden
nur die Lenkholme 1979 verlängert. Der Grund könnte der neue
Diesel gewesen sein, da man durch längere Holme einen größeren
Hebel hat, der Einachser sich also leichter hochheben/händeln
lässt.
Vom E9 wurden ca. 700 Stück/Jahr produziert, was für diese Zeit
sehr gut war. Vom E7 gibt es leider zu wenig verwertbare Daten.
Allerdings nur bis 1981. Dann wurde die Produktion gedrosselt,
auf nur noch ca. 230 Stück/Jahr. Der Grund könnte die neue
Produktpolitik von Holder gewesen sein. Denn Anfang der 80er
kamen weitere Einachser dazu, u.a. der E200 mit 6 PS und
E300B/E300D mit 9 PS. Das hatte ebenfalls zur Folge, dass von
beiden Schleppern nicht allzu viele gebaut wurden.
Dass der E7 noch seltener ist, könnte wohl auch daran liegen,
dass er bereits Ende der 70er aus der Literatur fast spurlos
verschwand. Nur in der Preislisten-Überschrift "Einachsschlepper
E6 - E7 - E9" wird er noch erwähnt (aber weiterhin
gebaut!) - und das deren Anbaugeräte weiterhin für den E6
bestellt werden konnten.
Bis 1990 wurden daher vom E7 nur min. 4.200 und vom E9 min.
6.200 Stück gebaut. Die letztendlichen Stückzahlen können noch
um einiges höher liegen. Ebenso ist der genaue Bauzeitraum nicht
bekannt.
1992 stieg Holder aus Kostengründen aus der Kleingeräte- und
Einachsersparte aus und konzentrierte sich mehr auf den
Pflanzenschutz und das Knickschlepperprogramm. Die Restposten
sowie die weitere Ersatzteilversorgung wurde an die
Handelsgesellschaft "Eurosystems Deutschland" abgetreten.*
2014 wurde diese Aufgabe an die Firma Jochen Frank Motorgeräte
weitergegeben.
* Aus dem Sonderdruck "Der goldene Pflug". Über den Werdegang in
dieser Zeit besitze ich keine Unterlagen.
oben
Ein Blick zurück...
Auszug
aus
Max Holders "Mein Schlepperbuch" von 1955: "Auch der E5, der
jüngste und kleinste der Holder - Schlepper, wird, dessen bin
ich gewiß, seinen Weg gehen." - Nun, der E5 selbst konnte nicht
wirklich erfolgreich werden, da er recht schnell durch den E6
abgelöst wurde. Aber für das, was nach ihm kam, bildete er die
Grundlage.
1955 stellte Holder den E5 vor, einen kleinen und leichten
Einachsschlepper, der besonders für Klein- und Nebenerwerbs-
landwirte gedacht war. Mit dem 7-Gang Getriebe und dem 5 PS
F&S Motor war er sowohl für Gartenarbeiten als auch mit bis
zu 20 km/h als flinker Transporter gut geeignet. Außerdem
konnten die Anbaugeräte schnell und einfach montiert werden.
Anfangs besaß er aber nur eine starre Achse, die
Einzelradlenkung kam zwei Jahre später. Eigentlich zu spät, denn
schon 1959 wurde er durch den verbesserten E6 abgelöst. Gebaut
wurden nur ca. 4.100 Stück. Es hätten bestimmt auch mehr gebaut
werden können.
Der E6 entsprach der damals neuesten Technik und wurde auch in
den Folgejahren kontinuierlich weiterentwickelt. Ebenso besaß er
mittlerweile eine sehr große Anbaugerätereihe, die mindestens 30
verschiedene Arbeiten zuließ. Durch diese guten Voraussetzungen
und der steigenden Beliebtheit, blieb er ganze 16 Jahre im
Verkaufsprogramm und brachte es somit auf (aufgerundete!) 20.000
Stück.
Aus dem E6 wurde 1961 der mittelschwere E8 konstruiert. Für
einen Einachser dieser Größe besaß er sehr viel Komfort, auch
eine wegabhängige Zapfwelle war dabei. Ebenso standen drei
Motoren zur Auswahl. Durch das gute Verhältnis von Stärke und
Gewicht fand er besonders in den Niederlanden und
Norddeutschland einige Abnehmer. Es waren aber auch die
einzigsten. Bis ca. 1971 wurden gerade mal ca. 2.000 Stück
verkauft.
Durch den E8 inspiriert, entstand 1962 eine Cultitrac-Version,
der A8. Die sehr schmale Bauweise, der niedrige Schwerpunkt
sowie 8 verschiedene Zapfwellendrehzahlen waren seine besonderen
Merkmale. Leider waren u.a. die Entwicklungskosten zu hoch, so
dass eher zum stärkeren Knickschlepper gegriffen wurde.
Allerdings blieb er als Spezial-Kleinschlepper noch bis Anfang
der 70er im Programm. Und gerade diese Kompaktheit und die ca.
max. 400 gebauten Exemplare machen ihn zu einem heute sehr
begehrtem Sammelobjekt.
1974 kam schließlich die modere Version des E6 auf den Markt,
der E7 und E9. Deren niedrige VK-Zahlen kann man aber nicht
unbedingt als Flop bezeichnen, wenn man die damals angespannte
Lage auf dem Traktorenmarkt hinzurechnet.
Wenn man es so betrachtet: Min. 35 Jahre Bauzeit, 6
verschiedenen Typen, ca. 37.000 gebaute Schlepper - Dann kann
man also wirklich sagen, "Der E5 ging seinen Weg".
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